2.9 | Die Wortfelder | [nach oben] |
Das morphosyntaktische Inventar kann als Wörtergesamtheit mittels der wirksamen Episememe sowohl der grammatischen Bedeutung der unflektierbaren Wörter als auch der subsemantischen Bedeutung der flektierbaren Wörter in Wortfelder unterteilt werden. Da die Zusammenfassung von Bedeutungen in Wortfelder Wortartengrenzen überschreitet, können Wortfelder aus eigentlich wortartenspezifischen Episememen auch andere Wortarten enthalten. Ein Hinweis hierauf ist das Episemem 'statisch' vs. 'dynamisch', das die Bedeutung der unterschiedlichen Wortarten Präpositionen, Adverbien, Verben, Substantive und Adjektive begründet.
Die bei Konjunktionen festgestellten Episememe 'Prädikation', 'Expression', 'Relation', 'Balance' und 'Universalität' stehen als Wortfelder auch anderen Wortarten zur Verfügung. Dies gilt auch für die Wortfelder aus den bei Partikeln festgestellten Episememen 'Emotion' vs. 'Reproduktion' sowie dem bei Artikeln und Pronomen festgestellten Episemem 'Singular' vs. 'Plural'.
Im Unterschied zu den durch Symmetrie gekennzeichneten Episememen können Wortfelder in Bezug auf komplementäre Bedeutungen symmetrisch oder asymmetrisch aufgebaut sein. Die besonderen Merkmale einer Wörtergesamtheit zeigen sich von daher in den durch Asymmetrie gekennzeichneten Wortfeldern.
Ein asymmetrisches Wortfeld ist im morphosyntaktischen Inventar des NS-Liedgutes anhand der Substantive rekonstruiert worden, in dem sich die komplementären Bedeutungen der 'statischen' Substantive (70 %) vs. 'dynamischen' Substantive (30 %) ungleich verteilen. Andere Wortarten wie Präpositionen, Adverbien und Verben wiesen hier ein nahezu symmetrisches Verhältnis auf (mit leichter Dominanz der 'statischen' komplementären Bedeutung). Die in dieser Hinsicht undifferenzierten Adjektive verfügen im Wortfeld jeweils über die Bedeutung der Wörter, an die sie sich im syntagmatischen Kontext koppeln. Insgesamt ist im asymmetrischen Wortfeld 'statisch' vs. 'dynamisch' in der Wörtergesamtheit die 'statische' Bedeutung vorherrschend.
Ebenfalls asymmetrisch ist das anhand der Artikel und Pronomen rekonstruierte Wortfeld 'Singular' vs. 'Plural', in dem die komplementäre Bedeutung 'Plural' deutlich überwiegt.
Wortfelder können Bedeutungen nicht nur unabhängig von Wortarten ordnen, sondern auch unabhängig von Wörtern. Dies sei durch folgendes Beispiel verdeutlicht:
Durch Wortbildungsmorpheme konstituierte Wortfelder fassen die Bedeutungen bzw. die betreffenden Wörter nach subsemantischen Gesichtspunkten zusammen. So korrelieren in einer Wörtergesamtheit z. B. alle Wörter mit dem Präfix 'zer-', da die semantische Bedeutung des Wortes die subsemantische Bedeutung des Wortbildungsmorphems enthält:
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Das Präfix ['zer-'] wird vor einfache Verben ('zerplatzen') und vor Ableitungen aus Substantiven ('zersplittern') gesetzt. Es sind häufig transitive Bezeichnungen für Vorgänge oder Tätigkeiten des Trennens und Zerkleinerns wie 'zerbersten', 'etw. zerschneiden, zerbrechen'. Aber auch in Verbindung mit anderen Verben tritt diese Bedeutung des Präfixes deutlich hervor (... 'etw. zerschlagen', 'etw. zerbomben'). In solchen Fällen kommt es zu einer Änderung der Valenz - gewöhnlich Akkusativierung ('hämmern auf etw.' - 'etw. zerhämmern') ... (DUDENREDAKTION, 1998, 462)
2.10 | Element vs. Text | [nach oben] |
'Substitution' ist die Ersetzung eines sprachlichen Ausdrucks durch einen anderen sprachlichen Ausdruck. Der erstere dieser beiden Ausdrücke, der ersetzte oder zu ersetzende, heißt 'Substituendum', der letztere, der ersetzende, 'Substituens'. Substituendum und Substituens ... können entweder füreinander oder aber nacheinander stehen. Stehen sie füreinander, d. h. sind sie austauschbar an ein und derselben Stelle innerhalb eines Textes, so nennen wir das zwischen ihnen bestehende Substitutionsverhältnis 'paradigmatisch', stehen sie nacheinander, d. h. an aufeinanderfolgenden Stellen innerhalb eines Textes, so besteht zwischen ihnen das Verhältnis einer 'syntagmatischen' Substitution. (HARWEG, 1968, 20)
Das Für- und Nacheinander von Wörtern eines Textes kann an einem Beispiel aus dem Textkorpus erläutert werden:
Befehl an vierzig Mann!
Jetzt, Jungens, geht es ran!
Alle Rohre klar und Feuer frei!
Wenn auch der Feind nach Süd
in wildem Zick-Zack entflieht,
uns're Aale, die gehen nicht vorbei.
Zuerst da kommt ein Tanker dran,
schon läuft der Torpedo
und zündet ihn an. (vomkaleu.html)
Mit Rücksicht auf den Kontext wäre das Taxem 'Mann' in seiner paradigmatischen Dimension z. B. durch das Taxem 'Soldaten' substituierbar. Eine syntagmatische Substitution vollzieht sich zwischen 'Mann', 'Jungens' und 'unsere' sowie zwischen 'Tanker' und 'ihn'.
In der Tat läßt sich ein Ausdruck wie 'er', so paradox es klingt, als ein zugleich syntagmatisches und paradigmatisches Substituens beschreiben. Zwar kann ein syntagmatisches Substituens, verpflichtet zur Bezeichnungsidentität mit seinem jeweils voraufgehenden Substituendum, nicht an der von ihm eingenommenen Textstelle, d. h. paradigmatisch, durch einen bezeichnungsdifferenten Ausdruck ersetzt werden oder selbst einen solchen ersetzt haben, doch löst sich das genannte Paradox insofern auf, als die paradigmatische Substituens-Qualität eines Substituens vom Typus 'er' jeweils durch seine syntagmatische vermittelt zu denken ist. Mit anderen Worten: [D]ie paradigmatische Substitution findet in diesem Falle nicht an der Stelle des Substituens ('er') und nicht zwischen verschiedenen Substituentia ('er' und 'dieser' z. B.) statt, sondern an der Stelle des syntagmatischen Substituendums des syntagmatischen Substituens und zwischen verschiedenen Substituenda, die durch dasselbe Substituens syntagmatisch substituiert werden können, so daß dieses sich bei der paradigmatischen Ersetzung seines syntagmatisch vorausgehenden Substituendums nicht selbst, sondern nur seine jeweils manifestierte Bedeutung ändert. (HARWEG, 1968, 24)
Das hieße, dass das Element, das im Syntagma ein anderes vertritt, im Paradigma alle die denkbaren Formen des Ausgangselementes impliziert, die im syntagmatischen Zusammenhang nicht ausgeschlossen wären.
In der Analyse hat das Corpus die Elemente des Textes in einer paradigmatischen Ordnung vorgestellt. Das Paradigma war nicht auf den einzelnen Liedtext beschränkt, sondern betraf sämtliche Liedtexte auf einmal. Die Betrachtung dieser Wörtergesamtheit konnte das morphosyntaktische, d. h. syntagmatische Potenzial nationalsozialistischer Sprache aufzeigen.
2.11 | Die Wiederherstellung | [nach oben] |
Für die drei häufigsten Substantive 'Kamerad', 'Feind' und 'Mann' werden jeweils exemplarisch zwei Kontexte betrachtet. Die textuellen Bedeutungsmuster, die sich hierbei abzeichnen, sollten dann für alle Lieder des Textkorpus 'NS-Liedgut' Geltung haben.
Das Lied mit den meisten Taxemen 'Kamerad' weist gleichzeitig auch die meisten Taxeme 'Feind' auf:
Wir fühlen in Horsten und Höhen
1. Wir fühlen in Horsten und Höhen
des Adlers verwegenes Glück!
Wir steigen zum Tor der Sonne empor,
wir lassen die Erde zurück!
Kamerad! Kamerad!
Alle Mädels müssen warten,
Kamerad! Kamerad!
Der Befehl ist da, wir starten!
Kamerad! Kamerad!
Die Losung ist bekannt:
Ran an den Feind! Ran an den Feind!
Bomben auf Engelland!
Hört ihr die Motoren singen:
Ran an den Feind!
Hört ihr's in den Ohren klingen:
Ran an den Feind!
Bomben! Bomben! Bomben auf Engelland!
2. Wir flogen zur Weichsel und Warthe,
wir flogen ins polnische Land!
Wir trafen es schwer, das feindliche Heer,
mit Blitzen und Bomben und Brand!
Kamerad! Kamerad!
Alle Mädels müssen warten,
Kamerad! Kamerad!
Der Befehl ist da, wir starten!
Kamerad! Kamerad!
Die Losung ist bekannt:
Ran an den Feind! Ran an den Feind!
Bomben auf Engelland!
Hört ihr die Motoren singen:
Ran an den Feind!
Hört ihr's in den Ohren klingen:
Ran an den Feind!
Bomben! Bomben! Bomben auf Engelland!
3. So wurde die jüngste der Waffen
im Feuer getauft und geweiht!
Vom Rhein bis zum Meer das fliegende Heer -
so steh'n wir zum Einsatz bereit!
Kamerad! Kamerad!
Alle Mädels müssen warten,
Kamerad! Kamerad!
Der Befehl ist da, wir starten!
Kamerad! Kamerad!
Die Losung ist bekannt:
Ran an den Feind! Ran an den Feind!
Bomben auf Engelland!
Hört ihr die Motoren singen:
Ran an den Feind!
Hört ihr's in den Ohren klingen:
Ran an den Feind!
Bomben! Bomben! Bomben auf Engelland!
4. Wir stellen den britischen Löwen
zum letzten entscheidenden Schlag.
Wir halten Gericht. Ein Weltreich zerbricht.
Das wird unser stolzester Tag!
Kamerad! Kamerad!
Alle Mädels müssen warten,
Kamerad! Kamerad!
Der Befehl ist da, wir starten!
Kamerad! Kamerad!
Die Losung ist bekannt:
Ran an den Feind! Ran an den Feind!
Bomben auf Engelland!
Hört ihr die Motoren singen:
Ran an den Feind!
Hört ihr's in den Ohren klingen:
Ran an den Feind!
Bomben! Bomben! Bomben auf Engelland! (870/871 u. wirfuhle.html)
Das Taxem 'Kamerad' im Episemem 'Singular' korreliert im vorliegenden Kontext mit dem Taxem 'wir', das dem Episemem 'Plural' zuzuordnen ist, sowie mit der Taxemkombination 'fliegendes Heer'.
Das Taxem 'Feind' korreliert mit dem Taxem 'Engelland' sowie den Taxemkombinationen 'feindliches Heer' und 'britischer Löwe'. Das wirksame Episemem ist der 'Singular'.
Die Taxemkombinationen 'feindliches Heer' vs. 'fliegendes Heer' sind im Episemem 'Singular' vs. 'Plural' undifferenziert: Das Tagmem der Ordnung 'Numerus' ordnet das Taxem 'Heer' in das Episemem 'Singular', als Kollektivum (Sammelbezeichnung) ist 'Heer' hingegen dem Episemem 'Plural' zuzuordnen.
Wir sind Kameraden auf See
1. Wir sind Kameraden auf See,
wir sind Kameraden auf See!
Drum Mädel, nun gib mir den Abschiedskuß,
sei tapfer und treu, wenn ich scheiden muß.
Und sind Kameraden auf See,
wir sind Kameraden zu Haus'.
Wir stehen wie Felsen in Luv und Lee,
wir sind Kameraden auf See!
2. Wir sind Kameraden auf See,
wir sind Kameraden auf See!
Die Flagge, die uns unser Führer gab,
ihr sind wir verschworen bis an das Grab.
Uns kümmert nicht Wetter und Sturm,
Wir stehen in Bunker und Turm,
wir stehen wie Felsen in Luv und Lee,
wir sind Kameraden auf See!
3. Wir sind Kameraden auf See,
wir sind Kameraden auf See!
Der Flagge, die stolz uns zu Häupten weht,
ihr gilt unser Gruß, wenn's zum Sterben geht.
Sie ist unser heiligstes Gut,
wir schützen sie mit unserem Blut.
Wir stehen wie Felsen in Luv und Lee,
wir sind Kameraden auf See! (715/716 u. wirsindc.html)
Das Taxem 'Kamerad' ist durch das Tagmem der Ordnung 'Numerus' in das Episemem 'Plural' eingeordnet und korreliert auch in diesem Kontext mit dem Taxem 'wir' im Episemem 'Plural'.
In den folgenden beiden Kontexten begegnet das Taxem 'Feind' ebenfalls im Episemem 'Singular':
Es blitzen die stählernen Schwingen
1. Es blitzen die stählernen Schwingen,
wenn dröhnend und donnernd im Takt
die starken Motoren, sie singen
das Lied, das im Herzen uns packt.
Bei uns wird nicht lange gefackelt:
Wir haben den Tommy versohlt!
Die stolze Maschine, sie wackelt, wackelt,
den Feind hat der Teufel geholt!
Die stolze Maschine, sie wackelt, wackelt,
den Feind hat der Teufel geholt!
2. Wir Flieger, zum Kämpfen geboren,
wir feuern mit sicherer Hand.
Wir haben dem Führer geschworen,
entschlossen zu schützen das Land.
Bei uns wird nicht lange gefackelt:
Wir haben den Tommy versohlt!
Die stolze Maschine, sie wackelt, wackelt,
den Feind hat der Teufel geholt!
Die stolze Maschine, sie wackelt, wackelt,
den Feind hat der Teufel geholt!
3. So jagen wir kühn und verwegen,
in treuer Kam'radschaft verschweißt,
der Sonne, dem Siege entgegen,
in Bölkes und Richthofens Geist!
Bei uns wird nicht lange gefackelt:
Wir haben den Tommy versohlt!
Die stolze Maschine, sie wackelt, wackelt,
den Feind hat der Teufel geholt!
Die stolze Maschine, sie wackelt, wackelt,
den Feind hat der Teufel geholt! (esblitze.html)
Das Taxem 'Feind' korreliert mit dem Taxem 'Tommy', das als Personenname ebenfalls dem Episemem 'Singular' zugeordnet werden kann.
Heiß war der Tag
1. Heiß war der Tag und dunkel die Nacht,
und die Heimat so weit.
Zehn Tage schon in tobender Schlacht,
und zum Rasten blieb keine Zeit.
Tage und Nächte stand nie der Motor,
wir stürmten und schlugen und kämpften sich [uns] vor.
Mit den Panzerkameraden vereint
immer die Ersten am Feind!
Panzergrenadiere, vorwärts, zum Siege voran!
Panzergrenadiere, vorwärts, wir greifen an!
Wie einst in Polen und Flandern
und im heißen Wüstensand,
wird jeder Feind gestellt,
bis die letzte Festung fällt,
und im Sturm drauf und dran überrannt.
Von Panzergrenadieren,
Panzergrenadieren überrannt!
Von Panzergrenadieren,
Panzergrenadieren überrannt!
2. Russische Kälte, Regen und Eis
halten uns nicht mehr auf.
Brennt auch die Sonne erbarmungslos heiß,
ja, das nehmen wir gerne in Kauf.
Es türmen die Russen in kopfloser Flucht,
vernichtend geschlagen mit eiserner Wucht.
Mit den Panzerkameraden treu vereint,
jagen wir rastlos den Feind!
Panzergrenadiere, vorwärts, zum Siege voran!
Panzergrenadiere, vorwärts, wir greifen an!
Wie einst in Polen und Flandern
und im heißen Wüstensand,
wird jeder Feind gestellt,
bis die letzte Festung fällt,
und im Sturm drauf und dran überrannt.
Von Panzergrenadieren,
Panzergrenadieren überrannt!
Von Panzergrenadieren,
Panzergrenadieren überrannt!
3. Treu sein, mein Mädel, das merke dir,
einmal da kehren wir heim.
Denke an deinen Panzergrenadier,
denn du darfst ja stolz auf ihn sein.
Warten und kämpfen ist nicht immer leicht,
doch anders wird niemals ein Ziel erreicht.
Mit den Panzerkameraden treu vereint,
immer die Ersten am Feind.
Panzergrenadiere, vorwärts, zum Siege voran!
Panzergrenadiere, vorwärts, wir greifen an!
Wie einst in Polen und Flandern
und im heißen Wüstensand,
wird jeder Feind gestellt,
bis die letzte Festung fällt,
und im Sturm drauf und dran überrannt.
Von Panzergrenadieren,
Panzergrenadieren überrannt!
Von Panzergrenadieren,
Panzergrenadieren überrannt! (heisswar.html)
Das Taxem 'Feind' im Episemem 'Singular korreliert mit dem Taxem 'Russe' im Episemem 'Plural', das allerdings nur ein einziges Mal auftritt.
Der Hauptmann hat uns ausgewählt
1. Der Hauptmann hat uns ausgewählt,
den kleinen Stoßtrupp abgezählt,
und eh' der Tag begann,
verließen wir das Feldquartier,
durch Kraut und Rüben krochen wir,
ein Leutnant und zehn Mann,
ein Leutnant und zehn Mann!
2. Die Schere hat den Draht gezwackt,
und leise, daß kein Ast geknackt,
so pirschten wir uns ran.
Und dann: Sprung auf! Zur rechten Zeit
die Handgranate griffbereit,
ein Leutnant und zehn Mann,
ein Leutnant und zehn Mann!
3. Der Franzmann funkte mächtig her,
aus manchem guten Schießgewehr,
so viel er funken kann.
Wir machten uns den Teufel draus
und räucherten die Kerle aus,
ein Leutnant und zehn Mann,
ein Leutnant und zehn Mann!
4. Sie wehrten sich nicht länger mehr;
sie sagten nur: "Finis la guerre!"
und kamen schüchtern an.
Und unser Hauptmann hat gelacht,
daß wir den Schwabenstreich vollbracht,
ein Leutnant und zehn Mann,
ein Leutnant und zehn Mann!
5. Der Streich, der hat uns fest verschweißt
und uns gestärkt im Stoßtruppgeist,
den nichts zerbrechen kann.
Spuckt irgendwo ein feindlich' Rohr,
dann treten wir von neuem vor,
ein Leutnant und zehn Mann,
ein Leutnant und zehn Mann!
6. Und ist einmal der Krieg zu End',
und zieht nach Haus' das Regiment,
die Fahne stolz voran,
ist unser Stoßtrupp auch dabei,
die Augen hell, die Herzen frei -
ein Leutnant und zehn Mann,
ein Leutnant und zehn Mann!
7. Doch sollt's uns nicht beschieden sein,
daß wir uns froh der Heimat freu'n,
wohlan,
dann melden wir uns all' zur Stell'
beim letzten, großen Sturmappell,
ein Leutnant und zehn Mann,
ein Leutnant und zehn Mann! (839/840)
Das Taxem 'Mann' korreliert mit den Taxemen 'Hauptmann' und 'Franzmann'. Der Gegensatz der Episememe 'Kamerad' vs. 'Feind' ist in diesem Kontext neutralisiert wirksam: Das Taxem 'Mann' findet sich zum einen in 'Hauptmann' im Episemem 'Kamerad', zum anderen in 'Franzmann' im Episemem 'Feind' wieder.
Nun hat mein Leben einen Sinn
1. Nun hat mein Leben einen Sinn,
mein Tun gilt deutscher Ehr',
weil ich ein Kämpfer Hitlers bin
und dien' dem braunen Heer.
Der Führer ruft: "SA, SA voran!
den Feind zu schlagen, Mann für Mann!"
Der Führer ruft: "SA, SA voran!
den Feind zu schlagen, Mann für Mann!"
2. Fiel auch im Kampf manch junges Blut,
vergessen seid ihr nicht.
Noch weiter dringt die braune Flut,
der schwache Damm zerbricht.
Der Führer ruft: "SA, SA voran!
den Feind zu schlagen, Mann für Mann!"
Der Führer ruft: "SA, SA voran!
den Feind zu schlagen, Mann für Mann!"
3. Und heißt es "Sieg!" am großen Tag,
wenn Deutschland wieder frei,
dann steh' ich vorne da und sag':
"Mit Gott, ich war dabei."
Der Führer ruft: "SA, SA voran!
den Feind zu schlagen, Mann für Mann!"
Der Führer ruft: "SA, SA voran!
den Feind zu schlagen, Mann für Mann!" (derfuhrr.html)
Das Taxem 'Mann' korreliert u. a. sowohl mit dem Taxem 'SA' im Episemem 'Kamerad' als auch mit dem Taxem 'Feind' im Episemem 'Feind'. Das Syntagma 'Mann für Mann' im Refrain kann sich sowohl auf den 'Feind' beziehen, der 'geschlagen' werden soll, als auch auf die 'SA', die 'gerufen' wird. Das Episemem 'Kamerad' vs. 'Feind' zeigt sich auch hier neutralisiert.
Die aus Kontexten der drei Substantive 'Kamerad', 'Feind', 'Mann' rekonstruierten textuellen Bedeutungsmuster konstituieren sich allesamt über die Episememe 'Kamerad' vs. 'Feind' sowie das Episemem 'Mann' als deren Synthese. Das Episemem 'Kamerad' steht vor allem mit dem Episemem 'Plural' in Wechselwirkung, das Episemem 'Feind' mit dem Episemem 'Singular'.
3 | Die Stimmen | [nach oben] |
Eine der ersichtlichsten Verfallserscheinungen des alten Reiches war das langsame Herabsinken der allgemeinen Kulturhöhe ... Schon vor der Jahrhundertwende begann sich in unsere Kunst ein Element einzuschieben, das bis dorthin als vollkommen fremd und unbekannt gelten durfte. Wohl fanden auch in früheren Zeiten manchmal Verirrungen des Geschmackes statt, allein es handelte sich in solchen Fällen doch mehr um künstlerische Entgleisungen ... als um Erzeugnisse einer überhaupt nicht mehr künstlerischen, sondern vielmehr geistigen Entartung bis zur Geistlosigkeit. In ihnen begann sich der später freilich besser sichtbar werdende politische Zusammenbruch schon kulturell anzuzeigen. (HITLER, 1936, 282/283)
Kunst und Kultur werden als Ausdruck eines politischen Systems thematisiert: Ist die Kunst 'entartet', betrifft dies auch das System.
Der Bolschewismus der Kunst ist die einzig mögliche kulturelle Lebensform und geistige Äußerung
des Bolschewismus überhaupt.
Wem dieses befremdlich vorkommt, der braucht nur die Kunst der glücklich bolschewisierten Staaten
einer Betrachtung zu unterziehen, und er wird mit Schrecken die krankhaften Auswüchse irrsinniger
und verkommener Menschen, die wir unter den Sammelbegriffen des Kubismus und Dadaismus ...
kennenlernten, dort als die offiziell staatlich anerkannte Kunst bewundern können.
(HITLER, 1936, 283)
Hitler bezeichnet diejenigen, die Krankheit und Dekadenz in der Kunst ästhetisieren, selbst als krank. Nationalsozialistische Kunst sollte also nicht die Schwäche und Zerbrechlichkeit des Menschen darstellen, sondern seine Stärke.
Die jugendliche Begeisterung für den Bayreuther Meister kannte keine Grenzen. Immer wieder zog es mich zu seinen Werken, und ich empfinde es heute als besonderes Glück, daß mir durch die Bescheidenheit der provinzialen Aufführung die Möglichkeit einer späteren Steigerung erhalten blieb. (HITLER, 1936, 15)
Die Wagneroper stellt die Stärke des Menschen dar. Diese soll auch im NS-Lied vermittelt werden:
Das Hakenkreuz
1. Das Hakenkreuz im weißen Feld
auf feuerrotem Grunde
gibt frei und offen aller Welt
die frohgemute Kunde:
Wer sich um dieses Zeichen scharrt [schart],
ist deutsch mit Seele, Sinn und Art,
und nicht bloß mit dem Munde,
und nicht bloß mit dem Munde!
2. Das Hakenkreuz im weißen Feld
auf feuerrotem Grunde
zum Volksmal ward es auserwählt
in ernster Schicksalsstunde,
als unter Schmerzen heiß und tief
das Vaterland um Hilfe rief,
das teure, todeswunde,
das teure, todeswunde!
3. Das Hakenkreuz im weißen Feld
auf feuerrotem Grunde
hat uns mit stolzem Mut beseelt;
es schlägt in uns'rer Runde
kein Herz, das feig' die Treue bricht:
Wir fürchten Tod und Teufel nicht,
mit uns ist Gott im Bunde,
mit uns ist Gott im Bunde! (dashaken.html)
Tondokument
Dieses Tondokument beginnt mit einem Vorspiel aus Blasinstrumenten und Orgel, die Melodie des Liedes begegnet, Paukenschläge und -wirbel akzentuieren den Rhythmus. Die Tonart der Musik ist Moll bei einem getragenen Tempo im 2/4-Takt, was ein leidenschaftlich-pathetisches Empfinden vermittelt. Den Übergang vom Vorspiel zum Hauptteil markiert eine bedeutungsvolle Pause. Hier setzt ein Opernsänger ein. Der Gesang steht im gesamten Lied im Vordergrund, ein Orchester begleitet den Sänger, die traurig-hymnische Musik wird mal von der Orgel, mal von den Streichinstrumenten bestimmt. Die letzten 2 Strophenverse sind jeweils identisch, wobei die Wiederholung des Verses gleichsam eine bestätigende Antwort darstellt, da hier ein gemischter Chor die Worte des Solisten wiedergibt.
Die gottesdienstartige Feierlichkeit der Musik korreliert mit dem Text: Es wird eine religiöse Gemeinschaft thematisiert, wobei das Kreuz der Christen durch das Hakenkreuz bzw. die Hakenkreuzfahne ersetzt wird, deren Aussehen im Lied beschrieben wird.
Das textuelle Bedeutungsmuster liegt im Episemem 'Kamerad' begründet. Die nationalsozialistische Gemeinschaft muss dem als Lebewesen thematisierten Mitglied des Kollektivs 'Vaterland' helfen. Die Hakenkreuzfahne repräsentiert als 'Volksmal' hierbei die innere Entschlossenheit der Gemeinschaft. Hierdurch ergibt sich eine Dreierkonstellation aus dem 'Hakenkreuz' als nationalsozialistischem Symbol, dem 'Vaterland' als Kameraden sowie der Gemeinschaft 'wir' im Episemem 'Plural'.
Das Sturmband am Kinn
1. Das Sturmband am Kinn,
die Muskeln gestrafft,
so zieh'n wir dahin,
die Fahne hoch am Schaft.
Gerad'aus unser Blick,
zum Kampf schreiten wir,
es gibt kein Zurück
fürs Hakenkreuzpanier.
Stolz und frei,
stark und treu,
doch wer auf uns tritt,
stößt auf Granit!
Denn wir sind die braunen Soldaten,
für Adolf Hitler zieh'n wir ins Gefecht!
Denn wir sind die braunen Soldaten,
und wir kämpfen für Freiheit und für Recht!
Wir schlugen die Marxisten,
Rotfront und Pazifisten.
Hört es Völker aller Staaten:
Uns're Sache ist heilig und gerecht -
denn wir sind die braunen Soldaten,
für Adolf Hitler zieh'n wir ins Gefecht! (wirsindb.html)
Tondokument
Ein Ensemble von Sängern ist zu hören, die Melodie wird einstimmig gesungen, unterstützt von Blasinstrumenten des Militärorchesters. Die Tonart ist Dur, der 2/4-Takt entspricht Schritttempo, das stetig gehalten wird. Der Taktschlag wird mitgespielt. Die Besonderheit des Tondokumentes besteht in dem musikalischen Dialog zwischen Sängern und Instrumenten. So spielt eine Trompete zwischen Versen signalartige, schnelle Triolen oder Schlaginstrumente empfinden akustisch nach, wovon die Sänger berichten ('wir schlugen die Marxisten').
Das textuelle Bedeutungsmuster liegt im Episemem 'Kamerad' vs. 'Feind' begründet. Die Protagonisten 'wir'/'uns' im Episemem 'Plural' thematisieren ihre Stärke mit Hinblick auf den Antagonisten 'wer' im Episemem 'Singular' im Syntagma 'wer auf uns tritt, stößt auf Granit'. Das Tagmem der Ordnung 'Numerus' vertauscht die komplementären Bedeutungen 'Singular' vs. 'Plural' im Episemem 'Kamerad' vs. 'Feind' allerdings auch: Das Taxem 'Hakenkreuzpanier' im Episemem 'Singular' korreliert mit den Protagonisten, die Taxeme 'Marxist', 'Pazifist' im Episemem 'Plural' bezeichnen die Antagonisten ('Rotfront' ist hier undifferenziert). Hierdurch wird der Gegensatz der Episememe 'Kamerad' vs. 'Feind' kompensiert, nicht aber neutralisiert, da kein Taxem auftritt, das beide Komplemente in sich vereinen könnte.
Mann an Mann marschieren wir
1. Mann an Mann marschieren wir, einerlei, wohin;
irgend in ein Feldquartier. Frisch mit frohem Sinn
singen wir ein schönes Lied von dem Schätzelein.
Herrlich ist es auf der Welt und schön, Soldat zu sein.
Gerda, Gerda, Ursula, Marie.
Gerda, Gerda, Ursula, Marie.
2. Schöne Mädchen gibt es wohl auf der weiten Welt,
doch von allen, die ich sah, keine mir gefällt.
Eine nur mein Herz regiert ohne Sorg' und Müh',
das ist meine kleine Gerda, Ursula, Marie!
Gerda, Gerda, Ursula, Marie.
Gerda, Gerda, Ursula, Marie.
3. Abends, wenn beim Zapfenstreich wird gelockt zur Ruh',
schließt auch du im Kämmerlein beide Augen zu,
und in finstrer Mitternacht schweift dein Blick umher,
ob der Liebste doch nicht wohl bei einer andern wär'?
Gerda, Gerda, Ursula, Marie.
Gerda, Gerda, Ursula, Marie.
4. Eine andre mag ich nicht, denn ich liebe dich,
Gerda, Ursula, Marie! Schatz, das schwöre ich.
Eine kleine Eifersucht muß auch einmal sein -
dort, wo keine Träne fließt, da schläft die Liebe ein.
Gerda, Gerda, Ursula, Marie.
Gerda, Gerda, Ursula, Marie. (mannanma.html)
Tondokument
Dieses Tondokument in der Tonart Dur im moderaten 2/4-Takt beginnt mit einem Instrumentalteil, der aufgrund seiner schwungvollen Melodie an einen Volkstanz erinnert. Allerdings überwiegen die Kennzeichen von Marschmusik: so die rhythmisierenden Wirbel der Rührtrommel oder die eingeworfenen hohen Töne der Flöte. Im Vergleich dazu halten sich die Instrumente des Blasorchesters im eigentlichen Liedteil zurück: Eine Tuba spielt konstant auf dem Taktschlag, nur beim Refrain variiert ihr Spiel ein wenig. Im Vordergrund singt ein mehrstimmiger Männerchor eine einfache Melodie, die an ein Volkslied erinnert.
Das textuelle Bedeutungsmuster liegt im Episemem 'Kamerad' vs. 'Mann' begründet. Das Taxem 'Mann' im Episemem 'Singular' korreliert mit dem pronominalen Taxem 'wir' im Episemem 'Plural'. Seine Verdoppelung im Syntagma 'Mann an Mann marschieren wir' nähert es dem Episemem 'Plural' weiter an. Hier korrelieren die Taxeme 'Mann' vs. 'Soldat' im Episemem 'Kamerad' vs. 'Mann'.
Das Episemem 'Mann' koppelt sich durch die Korrelation des Taxems 'Mann' mit dem pronominalen Taxem 'ich' sowie mit der Taxemkombination 'der Liebste' im Episemem 'Singular' von dem komplementären Episemem 'Kamerad' ab. Männliche Identität definiert sich nicht mehr über die Identität als Soldat, sondern durch die Interaktion mit der weiblichen Partnerin 'du' im Episemem 'Singular'.
Das Lied neutralisiert den Gegensatz 'Singular' vs. 'Plural' im Episemem 'Mann' durch die Pluralisierung der weiblichen Partnerin in der Taxemkombination 'Gerda, Ursula, Marie'. Die durch Zweisamkeit gekennzeichnete Mann-Frau-Beziehung ist auf diese Weise Bestandteil der Kameradschaft geworden ('wir singen ein Lied vom Schätzelein').
Zu klären ist noch der pragmatische Aspekt in den Liedern:
Die erste Klasse von Sprechakten, die ich 'Kommunikativa' nennen will, dient dazu, den pragmatischen Sinn der Rede überhaupt auszusprechen. Sie expliziert den Sinn von Äußerungen qua Äußerungen. Jede Rede setzt ja eine faktische Vorverständigung darüber voraus, was das heißt, in der Sprache zu kommunizieren, Äußerungen zu verstehen und möglicherweise mißzuverstehen. (HABERMAS/LUHMANN, 1975, 111)
Habermas nennt als Beispiele u. a. 'sagen', 'fragen' oder 'antworten' für verbale Taxeme, die in 'kommunikativen' Sprechakten verwendet werden. Solchen Ausdrücken entspricht hier nur die Taxemkombination 'die Kunde geben' (Das Hakenkreuz).
Die zweite Klasse von Sprechakten, die ich 'Konstativa' nennen will, dient dazu, den Sinn der kognitiven Verwendung von Sätzen auszudrücken. Sie expliziert den Sinn von Aussagen qua Aussagen. In dem prototypischen Wort für den assertorischen Modus, in 'behaupten', sind zwei Momente vereinigt, die in den beiden Unterklassen dieser Sprechakte getrennt auftreten. Einerseits gehört 'behaupten' zu der Beispielgruppe: beschreiben, berichten ... erklären ... deuten. Diese Beispiele stehen für die assertorische Verwendung von Aussagen. Andererseits gehört 'behaupten' zu der Beispielgruppe: versichern, beteuern ... verneinen, bestreiten ... Diese Beispiele erläutern den pragmatischen Sinn speziell des Wahrheitsanspruchs von Aussagen. (HABERMAS/LUHMANN, 1975, 111/112)
Feststellungen wären demnach ebenso 'konstative' Sprechakte, die sich von Behauptungen nur dadurch unterscheiden, dass sie keiner Rechtfertigung des Sprechers bedürfen. Genannt seien die Äußerungen, deren Aussagen nicht ohne weiteres anerkannt werden könnten:
Die Äußerungen 'Wer sich um dieses Zeichen schart, ist deutsch mit Seele, Sinn und Art' sowie 'es schlägt in uns'rer Runde kein Herz, das feig' die Treue bricht' mögen für die Nationalsozialisten Feststellungen sein, ihre Gegner könnten hier anderer Meinung sein und darin unzutreffende Behauptungen sehen (Das Hakenkreuz).
Entsprechend verhält es sich mit den Äußerungen 'wir kämpfen für Freiheit und für Recht' sowie 'uns're Sache ist heilig und gerecht', die nicht von allen als zutreffend angesehen werden könnten (Das Sturmband am Kinn).
Die dritte Klasse von Sprechakten, die ich 'Repräsentiva' nennen will, dient dazu, den pragmatischen Sinn der Selbstdarstellung eines Sprechers vor einem Hörer auszusprechen. Sie expliziert den Sinn des zum Ausdruckbringens [Zum-Ausdruck-Bringens] von Intentionen, Einstellungen, Expressionen des Sprechers. Die abhängigen Sätze ... sind Intentionalsätze mit Verben wie 'wissen' ... 'fürchten' ... 'wollen'. (HABERMAS/LUHMANN, 1975, 112)
Das Taxem 'fürchten' im Syntagma 'Wir fürchten Tod und Teufel nicht' ist Ausdruck einer sprecherseitigen Empfindung (Das Hakenkreuz).
Das Taxem 'lieben' im Syntagma 'ich liebe dich' dient ebenfalls dem Ausdruck einer sprecherseitigen Empfindung. Darunter fallen auch die Äußerungen 'von allen, die ich sah, keine mir gefällt', 'Eine nur mein Herz regiert' sowie 'Eine andre mag ich nicht' (Mann an Mann marschieren wir).
Die vierte Klasse von Sprechakten, die ich 'Regulativa' nennen will, dient dazu, den Sinn der pragmatischen Verwendung von Sätzen auszudrücken. Sie expliziert den Sinn des Verhältnisses, das Sprecher/Hörer zu Regeln einnehmen, die sie befolgen oder verletzen können. Beispiele: 'befehlen', 'auffordern', ... 'verbieten' ... 'versprechen' ... 'bekräftigen'... (HABERMAS/LUHMANN, 1975, 112)
Aufforderungen transportieren wie Regeln den Anspruch ihrer Befolgung. Die Äußerung 'Hört es' wird durch den Imperativ des verbalen Taxems 'hören' zur Aufforderung, die sich darauf bezieht, die Bestrebungen des nationalsozialistischen Kollektivs als rechtmäßig anzuerkennen (Das Sturmband am Kinn).
Das Taxem 'schwören' steht im Zusammenhang mit dem gesellschaftlichen Normen- und Wertesystem. Durch die Äußerung 'das schwöre ich' bekennt und verpflichtet sich der Sprecher zu den Regeln der Mann-Frau-Beziehung (Mann an Mann marschieren wir).
Im textuellen Bedeutungsmuster 'Kamerad' begegnet der 'kommunikative', 'konstative' sowie 'repräsentative' Sprechakt. Das Hakenkreuz ist als Symbol des Kollektivs die 'kommunikative' Instanz, die das Normen- und Wertesystem der Nationalsozialisten 'konstativ' verkünden kann. Das Kollektiv ist die 'repräsentative' Instanz, die ihre Beweggründe und Empfindungen mittels Musik und Kunst äußert und auf diese Weise mit den Normen und Werten des politischen Systems abgleicht. Wenn Krankheit und Dekadenz kulturell zum Ausdruck gebracht werden, wäre dies ein Anzeichen dafür, dass die Ansprüche des politischen Systems im Kollektiv nicht mehr umgesetzt werden können, was das Ende sowohl des Systems als auch des Kollektivs bedeutet.
Im textuellen Bedeutungsmuster 'Kamerad' vs. 'Feind' begegnet der 'konstative' sowie 'regulative' Sprechakt. Gewaltanwendung sei adäquat, um der Gefährdung von System und Kollektiv entgegenzuwirken. Dies wäre für jedes Kollektiv nachvollziehbar, das in einem politischen System oder Staat organisiert ist.
Im textuellen Bedeutungsmuster 'Kamerad' vs. 'Mann' begegnet der 'repräsentative' sowie 'regulative' Sprechakt. Ein Kollektiv besteht aus Individuen, die ihre persönlichen Empfindungen zum Ausdruck bringen bzw. ausleben wollen. Dies allerdings nicht auf eine Weise, die den Regularien des Kollektivs widerspricht.
Nun wird der kommunikative Wert der Musik betrachtet:
Die Hörenden werden ... ihres eigenen Unverständnisses nicht gewahr. Fetzen des Sinnzusammenhangs verstehen sie. So etwa ist das Idiom der Tonalität, das den traditionellen Vorrat der heute konsumierten Musik umschreibt, identisch mit der musikalischen Allerweltssprache der Konsumierenden. Wenn sie schon nicht auffassen, was in dieser Sprache gesagt wurde, also den spezifischen Gehalt der musikalischen Werke, dann sind ihnen doch deren Oberflächenzusammenhänge so weit geläufig, wie das herkömmliche Idiom automatisch sie herstellt; das Mitplätschern im idiomatischen Strom ersetzt den Vollzug der Sache selbst ... (ADORNO, 1980, 55/56)
Adorno thematisiert die Kompetenz der Teilnehmer der auf Musik basierenden Kommunikation als eingeschränkt, da er Musikrezipienten ein fragmentarisches Verständnis für musikalische Strukturen unterstellt.
Man kann die Funktion von Musik nach dem gesellschaftlichen Verlust dessen, was sie zu großer Musik prägte, nur dann recht verstehen, wenn man sich nicht verschweigt, daß sie in ihrem emphatischen Begriff nie ganz aufging. Stets gesellte ihr das Außerkünstlerische des Wirkungszusammenhangs sich zu. Unter gesellschaftlichen Bedingungen, die der Konstitution ihrer Autonomie im Bewußtsein der Hörer nicht mehr günstig sind, kommt es notwendig wieder obenauf. Nur darum fügt aus den versprengten Gliedern der Musik sich etwas wie eine zweite musikalische Massensprache, weil die ästhetische Integration ihrer buchstäblich sensuellen, vorkünstlerischen Elemente von je prekär war; weil diese Elemente die ganze Geschichte hindurch darauf lauerten, der Entelechie des Gebildes zu entrinnen und sich zu desintegrieren. (ADORNO, 1980, 56)
Nun zielte nationalsozialistische Musik gerade nicht auf die Evokation von artifiziellen Schöpfungen, sondern vor allem auf die Intuition der Menschen, also nicht auf die Ratio als Kunstverständnis einiger weniger Musikliebhaber und damit auch nicht auf die Vermittlung des von gesellschaftlicher Realität losgelösten Begriffes der Autonomie von Kunst. Die Musik war vielmehr das Medium der Einigung einzelner Individuen zu einer Gemeinschaft mit gesteigerter Wirkungskraft in Bezug auf soziale oder aber kriegerische Ziele. Trotz dieser im Verständnis Adornos kunstfernen Musikalität kann für den Hörenden in der NS-Musikkultur nicht der Status eines stumpf konsumierenden Lebewesens gelten, da die Hörer immer gleichzeitig auch Sprecher wurden als singende Teilnehmer der Kommunikation.
4 | Zusammenfassung | [nach oben] |
Ein Korpus aus 74 im Nationalsozialismus rezipierten Liedern sollte aufgrund von Exemplarität die Grundgesamtheit 'Nationalsozialistische Sprache' darstellen. Um die literarischen Merkmale der Liedtexte als Gedichte auszublenden und nationalsozialistische Sprache, die nicht nur auf Literarizität beruhen kann, allgemein zu begreifen, wurde der Korpus einzelner syntagmatischer Zusammenhänge in ein Corpus eines einzigen paradigmatischen Zusammenhangs umgewandelt. Da hierdurch das zugrunde liegende sprachliche System nachgebildet wurde, konnte durch die Analyse dieser Wörtergesamtheit die Gesamtheit der sprachlichen Äußerungsmöglichkeiten als morphosyntaktisches Potenzial charakterisiert werden.
Das morphosyntaktische Potenzial der Wörtergesamtheit wurde durch die Bestimmung der grammatischen bzw. subsemantischen Bedeutungen vorgestellt. Wörter traten als Lexeme, Formen der Lexeme, Erscheinungen der Formen sowie als Taxeme, Tagmeme und Episememe auf.
Die Wiederherstellung syntagmatischer Strukturen aus dem Paradigma basierte auf den Ergebnissen der Analyse des morphosyntaktischen Inventars. Die drei häufigsten Elemente 'Kamerad', 'Feind', 'Mann' der häufigsten Wortart des Inventars bildeten in ihrer Dimension als Episememe die Bausteine der textuellen Bedeutungsmuster, die dem wiederhergestellten Liedtextkorpus zugrunde gelegt werden konnten.
Die Nähe von 'Semantik' vs. 'Subsemantik' erlaubte die Darstellung textueller, d. h. semantischer Zusammenhänge über subsemantische Zusammenhänge.
Das Vorherrschen statischer Bedeutung und des Plurals auf grammatischer Ebene korreliert mit der Entschlossenheit einer nationalsozialistischen Gemeinschaft auf textueller Ebene. Gewalt wird als Mittel zur Verteidigung des politischen Systems vom Kollektiv akzeptiert und mit aller Härte auch angewendet - und dies mit keinem schlechten Gewissen, sondern im Bewusstsein der Rechtmäßigkeit des eigenen Handelns.